Korallen verhungern trotz Nährstoffen?

jackrum
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Korallen verhungern trotz Nährstoffen?

Beitrag von jackrum »

hallo forum,

vielleicht zunächst eine kleine vorstellung meinerseits. ich heisse sven, komme aus dem raum heidelberg und betreibe meerwasseraquaristik seit jetzt 12 jahren. in der zeit hatte ich mehrere becken (insgesamt 9), teils parallel von 25 bis 300 liter.

mein aktuelles becken ist ein provisorium und steht seit dem 19.05.2019. wir haben im april 2019 mit einer kernsanierung angefangen und das große becken musste weichen. das „aktuelle“ steht an einem ort, wo es weniger dem dreck und staub ausgesetzt sein sollte, aber dennoch…
eigentlich hat es von anfang an nur probleme gemacht. vieles habe ich in den griff bekommen, das eigentliche problem jedoch nicht. nicht mal die ursachen erkennen können. ich bin mit meinem latein am ende und habe auch in diversen anderen foren keine wirkliche hilfestellung bekommen können. im kern erinnert es an das „old tank sysndrom“. letztlich auch nur ein begriff dafür, dass man nicht nachvollziehen kann, woher die probleme kommen. im prinzip steht das becken vor einem neustart.

das eigentliche problem ist, dass sämtliche sps nicht überleben. erst dunkeln sie ein, dann verlieren sie gewebe von der basis her und sterben ab. ein erscheinungsbild, wie wenn die korallen verhungern. betroffen sind acros, montis gleichermaßen.
lps kümmern mittlerweile auch, aber deutlich langsamer. ich hoffe, diese noch retten zu können.
weiche, anemonen und krusten stehen super (was schon mal gegen nährstoffmangel spricht) nur röhrenkorallen gehen nicht (ausnahme: phenganax. das ist zur plage geworden).

Letztlich möchte ich jetzt versuchen, mittels sangokai eine stabilität zu bekommen und zu retten, was zu retten ist. vielleicht funktioniert das, denn im kern bin ich überzeugt, dass es mit der nährstoffversorgung zu tun haben muss. ich erhoffe mir hierbei eine hilfestellung von euch. das neue becken (150x100x60 hoffentlich im frühjahr) soll dann, wenn das hier funktioniert, auch gleich mit dem sangokai-system gestartet werden.
(wenn interesse besteht, kann ich ja einen separaten thread zu der planung und dem verlauf aufmachen)

aber nun zu meinem aktuellen becken…
das provisorium ist ein 70x70x50 cube. ein großes technikbecken hält das gesamtvolumen bei 300l, annähernd das, was ursprünglich vorhanden war. beleuchtet wird mit einer ati sunpower 8x24watt. Abschäumer und UV sind im Einsatz.
eingerichtet zu 100% mit ls. davon sind einige steine schon alt, aber für den neustart wurden ein paar kilo dazugepackt. ein teil von dem alten liegt mit im technikbecken. ganz altes wurde entsorgt.

Aktuelle WW:
werte_01.jpg
zu den werten muss ich einige anmerkungen machen:
1. magnesium ist seit dem ersten aufsalzen so hoch und ist auch durch ww nicht wieder gesunken.
2. calzium ist durch kalkwassermethode so hoch angestiegen. nachdem sämtliche sps eingegangen waren fällt der wert aber leider auch nicht ab. vielleicht sollte ich mal kein pro-salz verwenden.
3. die salinität schwankte im sommer etwas in abhängigkeit zur temperatur… liegt aber, wenn umgerechnet stabil bei 1,025. damit sind höhere werte bei ca und mg zu erwarten, aber nicht in dem ausmaß. ich fahre übrigens bewußt bei dieser dichte und das konstant.
4. no3 ist stabil bei 4mg/l, aber nur unter einsatz von wodka. 2ml/d
5. po4 schwankt leicht. ich muss mit elimiphos und zeopur dagegen halten, habe die exakte dosis aber noch nicht herausgefunden. ohne die dosierung steige ich innerhalb von drei tagen von 0,03 auf werte über 1. momentan lande ich bei 0,02-0,04.

ich habe mich mit dem umzug in das provisorium von fast 2/3 meiner korallen trennen müssen und nur so die highlights behalten. hier mal ein bild unmittelbar nach dem umzug.
riff_02.jpg
so sollte das eigentlich alles aussehen.
nach zwei wochen gab es einen dino-befall (schnell behoben), nach vier wochen habe ich dann die fische nachgezogen.
dann fingen die probleme an. anstieg von no3 und po4. alles eigentlich im rahmen, aber das waren meine korallen so nicht gewöhnt.
in sämtlichen becken waren bei mir no3 und po4 immer nn und die korallen waren bombe.
ein paar „impressionen“ was passierte und der aktuelle stand:
riff_04.jpg
da blutet einem das herz...

Werdegang:
19.05.2019 start
26.05.2019 alle Korallen umgezogen
02.06.2019 dinoflagellaten. start dichteerhöhung
13.06.2019 dinos weg
15.06.2019 fische umgezogen; neue ableger eingesetzt
02.07.2019 cyanos
ab hier no3 immer bei ca. 2mg/l und po4 bei 0,015mg/l stabil.

08.07.2019 sps dunkeln ein. verlieren in den kommenden wochen immer wieder gewebe und bleichen aus
bis 11.08.2019 werte stabil. mehrere große ww und wechsel der salzsorten
cyanos mittlerweile immer stärker im vordringen.
18.08.2019 einsatz von excital gegen cyanos. keine wirkung.
31.08.2019 einsatz von cyano remove. wirkt, aber beginn einer nährstofflimitierung. korallen werden zugefüttert.
ab dezember 2019 keine sps mehr vorhanden

danach lief das becken eh nur nebenher. außer täglichem füttern, wöchentlichem ww, gelegentlichen tests keine zeit mehr gehabt. werte bis da aber stabil no3 nn und po4 0,025

13.04.2020 plötzliche verschlechterung der ww. no3 bei 15 und po4 bei 0.12
zunächst nur mehr und grosszügige wasserwechsel. damit bleibt nitrat im rahmen, aber po4 steigt bis 0,4
03.06.2020 Einsatz von Zeopur (das scheint übrigens gegen cyanos zu helfen)
07.06.2020 zusätzlich start mit wodka
13.06.2020 zeopur allein drückt po4 nicht wie gewünscht. zusätzlich elemiphos
17.06.2020 no3 explodiert 35mg/l trotz wodka.
24.08.2020 no3 (4mg) und po4 (0,03) im verlauf von neun wochen langsam heruntergezogen auf die jetzt stabilen werte… (s.o.)

normalerweise würde ich das becken jetzt ausräumen und neu starten. macht für mich wenig sinn im moment, da ich ja eh ein großes in planung habe. ich habe mal heute ein paar proben zu ati geschickt, aber ich glaube eigentlich nicht, dass was im wasser ist, was nicht rein gehört.
ich hab auch noch nie so eine geballte ladung an problemen gehabt. und auch kaum zeit zu pflegen.

kriege ich das mit beispielsweise sangokai basic wieder stabilisiert, damit ich mir von den lps wenigstens noch gesunde ableger machen kann? was meint ihr?

lg, sven
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tropicreef
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Re: Korallen verhungern trotz Nährstoffen?

Beitrag von tropicreef »

Hallo Sven, ich würde deine Herangehensweise komplett überdenken.

Lass den Wodka weg; ebenso das Zeospur.
Welche Spurenelemente dosierst Du?
Welche Nährstoffe dosierst Du?
Du schreibst von Kalkwassermethode; wie hältst Du den Carbonathaushalt stabil?
Warum ist die Salinität so hoch?
Welches Pro Salz verwendest Du?
Welche Testmittel verwendest Du?
Das Hoch und Runter der Nährstoffe ist gar nicht gut!
...
Gruss Dieter
jackrum
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Re: Korallen verhungern trotz Nährstoffen?

Beitrag von jackrum »

hallo dieter,
seit dem nitrat und po4 so rasant gestiegen sind, geht es, zumindest im moment, leider nicht ohne. die werte steigen dann sofort wieder an.
mit wodka und elimiphos schaffe ich es, dass sie in einem guten bereich bleiben. von allein geht das nicht mehr.

spuris dosiere ich nicht. hab ich auch früher in den becken nicht nötig gehabt. regelmäßige ww mit pro salzen war ausreichend.

nährstoffe werden ebenfalls nicht zudosiert. regelmäßige fütterung der fische (flockenfutter und frofu im wechsel), sowie 1 bis 2x die woche staubfutter für die korallen (alternativ auch mal trockenhefe). am anfang des cyanobefalls habe ich zeitweise mal phytoplankton zugegeben. das hat den lps und microfauna gefallen, aber nix gegen cyanos getan.

kalkwasser gabs am anfang kurz gegen die fadenalgen und später als versuch der millieuänderung bei den cyanos. bei letzterem war schon kein wachstum mehr vorhanden, weshalb calzium praktisch nicht mehr verbraucht wird.

carbonathaushalt durch balling light. hätt ich dazuschreiben sollen.

die salinität habe ich wegen der dinos angehoben. die ist auch konstant.

die verwendeten salze waren von ati, tropic marine (bio active), red sea und aquaforrest.

verwendete tests:
no2/no3 --> tm
kh --> salifert
ph --> salifert
po4 --> ati
ca und mg --> aquaforrest

ja, das problem habe ich auch zum ersten mal. irgendwas hat in dem becken die nitrifikation geboostet. vielleicht verfault da ein stein, aber man riecht nichts. das wasser riecht ganz normal nach meer. auch bei den steinen im technikbecken ist nix zu riechen.
das der ganze kagg so schnell hintereinander kam, hatte ich noch nie.
jackrum
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Re: Korallen verhungern trotz Nährstoffen?

Beitrag von jackrum »

und als ergänzung: wir hatten grade die kernsanierung (sind noch nicht ganz fertig)... viel baustaub in der luft. direkt neben dem becken waren drei kernbohrungen nötig für heizungsrohre... da wurden rohre geflext und verpresst. und das war der standort mit den wenigsten arbeiten in unmittelbarer nähe.
ich hab natürlich alles versucht abzudecken, aber das ist nicht so einfach gewesen (geschweige denn effektiv). obs daran lag? zeitlich fällt der peak jedenfalls zusammen. kann aber auch zufall sein.
bin gespannt auf die analyse.
jackrum
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Re: Korallen verhungern trotz Nährstoffen?

Beitrag von jackrum »

hallo,

die analyse ist angekommen:

einmal aquarium:
20201013_Riff_an.pdf
(139.12 KiB) 376-mal heruntergeladen
einmal das osmosewasser
20201013_Osmose_an.pdf
(133.7 KiB) 259-mal heruntergeladen
das sagt mir jetzt, dass ein regelmäßiger ww nicht ausreicht um die versorgung mit spurenelementen zu gewährleisten?
den spurenelementhaushalt werde ich jetzt in ordnung bringen.
das zuviel an silikat aus dem osmosewasser per nachgeschaltetem silikatadsorber dann auch.
damit sollte ich erst mal auf den richtigen weg kommen.

kann ich dann auch schon mit basic anfangen, oder erst abwarten?

lg, sven
Gweny
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Re: Korallen verhungern trotz Nährstoffen?

Beitrag von Gweny »

Hallo,

Eigentlich schaut die Analyse gar nicht mal so chlecht aus. Jod ist allerdings kritisch zu niedrig. Frag bitte nochmal nach, ob der Wert so korrekt ist. Unbedingt dann anpassen.

Calcium ist etwas zu hoch, bitte fallen lassen.
Grüße miri
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tropicreef
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Re: Korallen verhungern trotz Nährstoffen?

Beitrag von tropicreef »

jackrum hat geschrieben:kann ich dann auch schon mit basic anfangen, oder erst abwarten?
ja, das solltest Du auf jeden Fall anfangen.
jackrum hat geschrieben:die verwendeten salze waren von ati, tropic marine (bio active), red sea und aquaforrest.
warum verwendest Du unterschiedliche Salze?
jackrum hat geschrieben:
die salinität habe ich wegen der dinos angehoben. die ist auch konstant.
in deiner letzten Messung hast du 37 psu. in der ICP sind es 34,11 psu. Da stimmt doch etwas nicht mit deiner Messung.

Kalium (K) ist mit 433,2 mg/l bei der gemessenen Salinität bereits im potentiell kritischen Bereich. Der Wert muss runter.

Machst Du weiterhin Wodka und Zeospur?
Gruss Dieter
jackrum
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Re: Korallen verhungern trotz Nährstoffen?

Beitrag von jackrum »

hallo,
gut, dann fange ich damit an. muss ich bezüglich des jod noch etwas separat dazugeben zum ausgleichen?

die verwendung von unterschiedlichen salzen ist ja eine der empfehlungen, um möglichst mit allen spurenelementen zu versorgen. diese sind ja nicht in allen salzen gleich und wir können die verfügbaren mengen ja selbst nicht testen.

referenzlösung ist auf dem weg. die letzte kalibrierung ist ein paar tage her :?

ja, wodka und elimiphos (nicht zeopur) laufen noch mit. solange ich die analyse nicht habe und laut meinen test auch drauf angewiesen bin, gab es keinen grund, davon abzugehen.
ich habe aber auch letztes we einen großen stein rausgenommen, der tatsächlich wohl faul ist. vielleicht ist der die ursache der ansteigenden nährstoffe.

kalium werde ich nur über ww herausbekommen. die frage ist doch aber auch, wie kam es da rein? ich habe diesbezüglich nichts dosiert.

lg, sven
Gweny
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Re: Korallen verhungern trotz Nährstoffen?

Beitrag von Gweny »

Hi,
die verwendung von unterschiedlichen salzen ist ja eine der empfehlungen, um möglichst mit allen spurenelementen zu versorgen. diese sind ja nicht in allen salzen gleich und wir können die verfügbaren mengen ja selbst nicht testen.
Das ist eine Empfehlung von früher, bevor es die ICP gab und man verschiedene Elemente nicht bestimmen konnte. Mittlerweile rät man eher davon ab, da man individuell viel besser ausgleichen kann. So weiß man halt nie, was genau in jedem Salz drin ist, ob was ausfällt etc.

Auch dein erhöhter Kaliumwert kann daher kommen.

Das Tropic marin Pro reef und das FM-Salz sind sehr gut ausbalancierte. Ich würde dir zu einem von den beiden raten. Zusätzlich alle 3 Monate eine ICP zur Kontrolle.

Das Jod würde ich mir dem sango-if anpassen, nach der Produktempfehlung.
Grüße miri
jackrum
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Re: Korallen verhungern trotz Nährstoffen?

Beitrag von jackrum »

ok. Danke für die tipps.
der iod-wert stimmt leider.

dann fange ich heute noch mit sangokai-basic an.
wodka und elimiphos setze ich aus. die dosierung ist zumindest bei wodka eher gering. ich beobachte no3 und po4 weiter engmaschig. wenn es weiter ansteigt, was dann?
heute oder morgen kommt die referenzlösung, dann checke ich mein refraktometer nochmal. wasserwechsel ist regulär fürs we geplant.
das iod mus ich noch besorgen. spätestens morgen.

messt ihr iod eigentlich selbst und wenn ja mit welchem test?
kann ich eigentlich wöchentliche ww mit sangokai beibehalten? würde ungern drauf verzichten und hab da nicht gegenteiliges zu gelesen.

lg, sven
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