Chlorinität

Hier geht es um Wasserwerte, Meerwasserchemie & Co. Du kannst hier auch Deine Wasseranalysen vorstellen und diskutieren!
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tropicreef
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Chlorinität

Beitrag von tropicreef »

Hallo Jörg,

ich möchte in diesem Thread das Thema Chlorinität im Meerwasser diskutieren. Gerade die ihren Calciumbedarf mit Calciumchlorid decken und keinen Ausgleich zum natürlichem Gehalt im Meerwasser herstellen, z.B. durch Wasserwechsel, müssten irgendwann in Probleme laufen. Mich würde interessieren, ob es irgendwelche Erfahrungswerte gibt, ab welchem Chlorinitätsgrad (g/l) es zu Problemen mit den Organismen im Becken gibt und wie sich diese auswirken.

Für die anderen hier ein paar Fakten zum Thema Chlorinität.

>>Salinität ist die Maßzahl für die im Wasser gelöste Salzmenge (Summe der verschiedenen Salze).
>>Chlorinität ist der Anteil der Chlorid- und Bromidionen und kann mit einer Titration gegen Silbernitrat bestimmt wird.
>>Aus der Chlorinität kann die Salinität wie folgt nach der Formel von Knudsen bestimmt werden:

Salinität [‰] = 1,805 • Chlorinität [‰] + 0,030

Folgende Tabelle zeigt den Zusammenhang zwischen Salinität/Dichte und Chlorinität (bei 25°C)

Salinität Dichte Chlorinität
‰ kg/l g/l
42,50 1,029 22,86
41,00 1,028 22,08
40,00 1,027 21,56
38,50 1,026 20,77
37,00 1,025 19,98
36,00 1,024 19,46
34,50 1,023 18,67
33,00 1,022 17,88
32,00 1,021 17,35
30,50 1,020 16,55
Gruss Dieter
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tropicreef
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Re: Chlorinität

Beitrag von tropicreef »

... macht ein Anstieg der Chlorinität weniger aus, wenn im selben Zuge der Natriumgehalt im Wasser ansteigt. Im Meerwasser liegen die beiden Hauptbestandteile wie folgt prozentual vor:

Chlorid 55,04 %
Natrium 30,61 %
Gruss Dieter
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cubicus
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Re: Chlorinität

Beitrag von cubicus »

Hallo Dieter,

interessante Frage.

Meinst Du das jetzt in Bezug auf die Ionenbalance im Meerwasser?
Also die meisten Aquarianer dosieren ja nicht nur Calciumchlorid-Dihydrat, sondern auch Natriumhydrogencarbonat.
Ob das jetzt unbedingt in einem stöchiometrischen Verhältnis dosiert werden muss, ist ja hier nicht direkt die Frage, oder?

Wenn lediglich Calciumchlorid dosiert wird, hat man selbstverständlich eine Verschiebung in der Meerwasserzusammensetzung. Aber das ist ja die gleiche Sache, würde man lediglich Natriumhydrogencarbonat zufügen.

Meiner Meinung nach macht das alles überhaupt nix aus. ;)

Du dosierst was fehlt bzw was aus irgendwelchen Gründen verbraucht wird und schaffst dadurch Stabilität.

Ich hatte das irgendwo schonmal ziemlich genau ausgerechnet.
Da hatte ein Aquarianer beinahe ein halbes Jahr nur NaHCO3 zugefügt und im Gesamtzusammenhang unter Berücksichtigung der molaren Massenverhältnisse ist da in diesem Fall eine Abweichung unterhalb von 1% zustande gekommen.

Na und Cl sind m.E. einfach zu erheblich vorhanden, als dass ein einseitiges Ungleichgewicht hier zum Tragen kommen könnte.
Selbstverständlich aber steigt die Salinität/Dichte an, sofern man beides ohne Wasserwechsel dosiert.

Oder war die Frage anders gemeint?

Gruß,
Matthias
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tropicreef
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Re: Chlorinität

Beitrag von tropicreef »

Hallo Matthias,

auf der Internetseite hat Jörg ja schon etwas dazu geschrieben:
Grundsäzlich stellt sich also die Frage, warum eine Chloridanreicherung durch eine einseitige Calciumchlorid-Dosierung.... überhaupt problematisch sein kann? Immerhin ist der Chloridgehalt im Meerwasser so hoch, dass es kaum einen physiologischen Unterschied machen sollte, ob ein paar hundert Milligramm/kg mehr oder weniger im Wasser sind. Vermutlich ist das, wenngleich die Meerwasserzusammensetzung in der Natur für einen bestimmten ozeanischen Lebensraum hochgradig konstant ist, auch der Grund, weshalb die unterschiedlichsten Rezepturen und Zusammensetzungen synthetischer Meersalzmischungen dennoch eine sehr erfolgreiche Pflege zumindest von Korallen seit Jahrzehnten ermöglicht.

Nichts desto trotz ist die absolute Konzentration von Chlorid gegenüber der Konzentrationen der übrigen Meerwasserkomponenten und gegenüber der Salinität ein Punkt, den es zu betrachten gilt. Die einseitige Chlorid-Dosierung erhöht die Salinität, was ebenfalls absolut betrachtet kein Problem darstellt, allerdings verringert sich relativ betrachtet bei steigender Chlorid-Salinität die Konzentration aller übrigen Meerwasserinhaltsstoffe.
Meine Frage war eher inwieweit es Erkenntnisse gibt, das eine Chloridanreicherung im Meerwasser physiologische Auswirkungen auf die Beckeninsassen hat und wie sie sich äußern. Wie hoch muss diese Anreicherung bei gleichbleibender Gesamtsalinität sein?
Gruss Dieter
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Jörg Kokott
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Re: Chlorinität

Beitrag von Jörg Kokott »

Hallo Dieter,

dazu gibt es meines Wissens nach keine wissenschaftlichen Untersuchungen, weil es beinahe ausgeschlossen ist, dass im natürlichen Biotop ein einseitiger Chlorid-Eintrag auftritt. Wenn dann sind nur die Auswirkungen der Salinität untersucht.

Ich muss aber Matthias auch zustimmen, ein wirkliches Missverhältnis habe ich z.B. bei Gilbers Analysen meinem Erinnerungsvermögen nach noch nie gesehen. Die ICP-OES bestimmt kein Chlorid, daher sind diese Analysen dahingehend auch nicht brauchbar. Müsste man mal Peter Gilbers fragen, wie oft er solche Proben bekommt, die dahingehend Auffälligkeiten zeigen.
Gruß,
Jörg
Daniel Klein
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Re: Chlorinität

Beitrag von Daniel Klein »

Hallo,

Zu erst mal die ICP-OES bestimmt kein Chlorid, dafür ist ja die HPLC Analyse da.
Chlorid als Anion kann niemals ohne das dazugehörige Positiv geladene Ion Existieren. Wenn dieses Positiv geladene Ion kein Kation wie Calcium, Natrium oder Kalium ist, wird das Chloridion das "Partner" ein H+ Ion haben. Und um es kurz zu machen... freie H+ Ionen zeichnen eine Säure aus. Durch das Vorhandensein von Caliumcarbonat ist dein PH-sturz im Aquarium in den Starksauren bereich aber Chemisch auch garnicht möglich.

Chlorid ist im Mehrwasser Aquarium also immer mit einem Kation ausgeglichen. Wir bewerkstelligen über die Zugabe von Natrium in Form von Natriumhydrogencarbonat. Täten wir das nicht würde der PH-wert fallen, das Korallenwachstum stagnieren oder sich gegebenefalls Kationen in Form von Calcium zurück lösen.

Ein Ansiegt des Chloridgehaltes wäre also immer mit einem Anstiegt der Salinität verbunden. Diesem müssen wir natürlich irgendwann durch entnahme von Wasser ausgleichen. Hierbei verdünnen wir aber, wie Jörg ja beschrieben hat auf seiner Seite, alle anderen Ionen. Eine Ionenverschiebung tritt auf, die sich meist zuerst beim Kaliumwert bemerkbar macht.

Ein erhöhen des Chloridgehalts ist also physiologisch nicht relevant, es wärend die damit verbundenen Folgen die im Aquarium für Probleme sorgen können.

Grüße, Daniel
Gruß, Daniel
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Jörg Kokott
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Re: Chlorinität

Beitrag von Jörg Kokott »

Daniel hat geschrieben:Chlorid ist im Mehrwasser Aquarium also immer mit einem Kation ausgeglichen. Wir bewerkstelligen über die Zugabe von Natrium in Form von Natriumhydrogencarbonat.
Hi Daniel,

jedes Ion hat einen Partner, ansonsten würden wir im Becken einen Stromschlag bekommen ;-) Freie Ladungen existieren nicht, da hast Du recht.
Aber ehrlich gesagt, ist ja nicht so, dass wir unser Becken mit Salzsäure befüllen um es danach mit Natronlauge auszugleichen, damit wir neutrales Wasser erhalten.

Bei der Chlorinität geht es um eine indirekte Bestimmungsmethode für die Salinität, nicht darum,, den Chloridgehalt des Meerwassers zu bestimmen. Wissenschaftlich spielt das keine Rolle. Bei uns hat es natürlich durch das Thema Ionenverschiebung eine andere Bedeutung, aber hier wird die Chlorinität ohne gleichzeitige Natriumbestimmung wenig Aussagekraft haben.

Ich für meinen Teil halte die Diskussion um Na und Cl-Ionendisbalancen für nicht realistisch, weil ich sie selbst noch nie erlebt habe. Kein Becken hat nur einen KH Verbrauch oder nur einen Ca-Verbrauch. Wir werden immer KH und Calcium so einbringen, dass sich eine kritische Verschiebung zwischen Na und Cl nicht ergibt. Wohl aber natürlich anteilig zu anderen Meerwasserinhaltsstoffen in Anlehnung an den Salinitätsanstieg. Aber mir ist kein Becken bekannt, das Na und Cl in einem kritischen und nicht natürlichen Verhältnisses vorliegen hat.
Gruß,
Jörg
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