Eisen

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tropicreef
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Eisen

Beitrag von tropicreef »

Hallo Jörg, bei meiner letzten Laboyanalyse bei Triton wurde der Wert für Eisen mit 0,00µg/l angegeben. Im Chemical Oceanography von Millero (2006) wird die Konzentration mit 0,056µg/l angegeben. Ich habe hier ein "älteres PDF" von Dir vorliegen: Nährstoffarm oder nährstoffreich – nur Ansichtssache? aus 2003. Hieraus möchte ich mal zitieren:

"Eisenlimitierung: Obwohl im Vortrag nicht explizit darauf eingegangen wurde, möchte ich diesen Fall einer
Nährstofflimitierung der Vollständigkeit halber nicht Außen vor lassen. Den meisten
Pflanzenliebhabern wird die „Chlorose“ ein Begriff sein, eine Pflanzenkrankheit, die auf eine
unzureichende Eisenverfügbarkeit (Eisenlimitierung) zurückzuführen ist.
Eisen (Fe) ist als Metall-Kation in vielen Biokatalystoren („Enzymen“) und weiteren wichtigen
Komponenten des Pflanzen- und Tierstoffwechsels beteiligt. Eisenlimitierte Pflanzen haben
u.a. die Fähigkeit eingebüßt, die als Photosynthesepigmente bekannten Chlorophylle (grüner
Blattfarbstoff) zu produzieren. Eine Chlorose äußerst sich also in einem Verlust von grünen
Pigmenten in Blättern und grünen Zweigen/Stengeln. Chlorosen gibt es auch bei
Wasserpflanzen und Algen.
Möglicherweise haben einige Aquarianer schon einmal Eisen in welcher Form auch immer
dem Aquarium zugeführt und dabei beobachtet, dass sich z.B. Algen deutlich stärker grün
färben. Dabei wurde also eine bestehende Eisenlimitierung ausgeglichen.
Da in Pflanzen bei einer Eisenlimitierung die Photosynthese stark beeinträchtigt wird, ist es
nicht verwunderlich, dass Algen und auch zooxanthellate Korallen schlecht wachsen. Genau
wie bei einer Chlorose in Landpflanzen führt eine langanhaltende Eisenlimitierung zu
Kümmerwuchs und schlimmstenfalls auch zum Ausbleichen von Korallen.
Ob eine Fe-Limitierung in Korallen lethal ist, hängt maßgeblich davon ab, in wie fern wir den
Korallen brauchbare Eisenverbindungen z.B. bei der Staubfütterung in partikulärer Form
bereitstellen. Auch können Algen ausgefällte Eisenhydroxide aus dem Sediment oder den
Lebenden Steinen aufschliessen (vgl. Phosphatdepots).
Eisen ist in Meerwasser äußerst schlecht löslich und fällt sehr schnell bei der Reaktion mit
Wasser als Eisenhydroxidflocken aus und lagert sich im Boden und den Lebenden Steinen
ab. Nicht selten sind auch Fadenalgen- oder Cyanobakterienplagen darauf zurückzuführen,
dass neben Phosphat solche ausgefällten Eisenverbindungen zur Verfügung stehen. Eine
falsche bzw. übermäßige Dosierung von Eisen-haltigen Spurenelementlösungen fördert die
Bildung von Eisendepots in der Dekoration.
Eisen können wir im Meerwasser nicht gut und v.a. nicht ausreichend reproduzierbar
messen, auch wenn es angeblich meerwassertaugliche Eisentests gibt. Dies erschwert die
Diskussion über das Nährelement Eisen und dessen Bedeutung in der heutigen
Meerwasseraquaristik ungemein. Es liegen mir persönlich keine Fälle vor, in denen eine
Eisenlimitierung eindeutig diagnostiziert wurde. Auf diesem Gebiet stellt sich uns also ein
hoher Aufklärungsbedarf zur Hausaufgabe
."


Seitdem sind ja ein paar Jahre vergangen. Welche Erkenntnisse hast Du seitdem hinsichtlich Eisen gewonnen?

Mach es Sinn Eisen seperat zu dosieren?
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Gruss Dieter
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tropicreef
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Re: Eisen

Beitrag von tropicreef »

... Ich habe gestern einen Forschungsbericht u.a. von Walter C. Dunlap gelesen (Responses to iron limitation in two colonies of Stylophora pistillata exposed to high temperature: Implications for coral bleaching) ; die haben die SPS Koralle Stylophora pistillata Meerwasser ausgestezt, in welchem das Eisen stark komplexiert vorlag (mit Deferoxamin). Eine Reduzierung der photosynthetischen Effizienz und eine Veränderung der Pigmentzusammenstezung in deren symbiontischen Algen wurde bei hohen Temperaturen beobachtet. Gerade bei den hohen Temperaturen, die wir gerade gehabt haben, ist ein Eisenmangel doch dann kritisch zu sehen.
Gruss Dieter
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Jörg Kokott
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Re: Eisen

Beitrag von Jörg Kokott »

Hallo Dieter,

ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, ob ich jemals eine ICP-OES Auswertung eines Kunden mit einem überhaupt deutlich messbaren Eisengehalt bekommen habe!? Peter Gilbers bestimmt dahingehend in seinen Analysen oft auch Konzentrationen von 0,2 mg/L, also 200 µg/L.
Wie der Unterschied zustande kommt, kann ich nicht sagen, es ist aber wahrscheinlich, dass es mit der jeweiligen Messmethodik zusammenhängt.

Eisen ist v.a. in Fällungsreaktionen z.B. mit Phosphat verwickelt und daher im Riffbecken als gelöstes Ion nicht lange stabil. Es wird auch schnell abgeschäumt.

Eisenmangel gibt es durchaus in der Riffaquaristik, aber nicht häufig, weil die meisten Anwender in irgendeiner Form Eisen dosieren und es auch oft z.B. in Trockenfuttermitteln drin ist. Im SANGOKAI System ist das auch durch das nutri-spur basic und das spur-HED gewährleistet. Allerdings, und das betrifft das nutri-spur HED, ist bei starkem Korallenwachstum oft auch eine positive Wirkung durch die zusätzliche Spurenmetall-Versorgung zu sehen, hier kommt es also durchaus zu einem Defizit (Mangel würde ich nicht sagen). Bei Eisenmangel tritt aber sehr schnell bei SPS ein Farbverlust ein, der sich nach der Zugabe von Eisen sofort wieder aufhebt. Merkt man z.B. auch an Xenien, die nicht mehr pumpen, was man oft einem Iodmangel zugeordnet hat. Ich denke, es ist eher eine Reaktion auf Eisen. Auch bei Krusten- und Scheibenanemonen ist eine zu geringe Eisenversorgung durch "schrumpfige" Polypen und blasse Farben erkennbar.

Liebe Grüße
Jörg
Gruß,
Jörg
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Jörg Kokott
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Re: Eisen

Beitrag von Jörg Kokott »

tropicreef hat geschrieben:... Ich habe gestern einen Forschungsbericht u.a. von Walter C. Dunlap gelesen
Bei Walt habe ich meine Diplomarbeit geschrieben ;-)

Das sind aber eher "ad hoc" Untersuchungen, die uns Riffaquarianern relativ wenig Infos geben, wie wir Symptome im Becken erkennen können. Photosynthese kann man im Labor und sogar im Freiland sehr leicht messen, aber das ist ein Parameter, mit dem wir nichts anfangen können. Wir schauen nach Wachstum, Farbigkeit, Polypenbild, etc.

Das Nährstoffe bzw. Nährstoffmangelsituationen Einfluss auf die Stoffwechselleistungen haben, ist klar. Die Frage ist nur, wie können wir es erkennen?
Im Labor wird ein Eisenmangel erzeugt und dann geschaut, wie es sich auf die Leistungsfähigkeit im Stoffwechsel auswirkt.

Wir "arbeiten" ja anders herum. Wir haben vielleicht einen unerkannten Eisenmangel und sehen nur Symptome, die wir aber teils nicht klar zuordnen können. Das ist unser Problem in der Riffaquarisitk.

Danke aber auch hier wieder für Deinen interessanten Beitrag! Du greifst immer gute Themen auf!

LG
Jörg
Gruß,
Jörg
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tropicreef
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Metallchelat Fe(II)Citrat

Beitrag von tropicreef »

Jörg Kokott hat geschrieben:ist bei starkem Korallenwachstum oft auch eine positive Wirkung durch die zusätzliche Spurenmetall-Versorgung zu sehen, hier kommt es also durchaus zu einem Defizit (Mangel würde ich nicht sagen). Bei Eisenmangel tritt aber sehr schnell bei SPS ein Farbverlust ein, der sich nach der Zugabe von Eisen sofort wieder aufhebt.
Man könnte Fe(II) auch einzeln dosieren. ich kenne da ein Rezept aus natriumcitrat-dihydrat und eisensulfat-heptahydrat (zusammen in Wasser gelöst), so daß das zweiwertiges Eisen in Wasser mit Citrat komplexiert wird. (Eisenvitriol) Bildet in reinem Zustand hellblaue Kristalle. Meist ist es mit geringen Mengen Fe(III) verunreinigt und dann hellgrün.

Nebenbei bemerkt: Eisen-Ionen werden in zweierlei Formen in der Aquaristik eingesetzt. Die zweiwertige Form (Fe2+) dient vor allem den Pflanzen als Nährstoff. Leider ist es nicht stabil und oxidiert mit Sauerstoff (stark vereinfacht: rostet) zum dreiwertigen Eisen (Fe3+). Dieses fällt bei einem pH von 8 als Eisenhydroxid (Fe(OH)3), quantitativ aus, d.h. vereinfacht: vollständig. Eine Zugabe von Eisenionen, egal ob zwei- oder dreiwertig, sorgt direkt zu einer Ausfällung im Meerwasseraquarium, bevor es von Korallen, Algen etc. aufgenommen werden kann. Die Löslichkeit liegt bei 1,8*10-19 mg/L Fe3+, d.h. bei 0,00000000000000000018 mg/L, praktisch nichts. Nur eine Komplexierung der Eisen-Ionen vor der Zugabe kann dies verhindern.

Wie stehst Du zum Thema "Komplexierung von Metalle" um eine Bioverfügbarkeit zu garantieren?
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Gruss Dieter
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Jörg Kokott
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Re: Eisen

Beitrag von Jörg Kokott »

Hi Dieter,

deshalb nutze ich im nutri-spur basic Eisengluconat, da hängt das Eisenion an einem organischen Zuckerrest und durch die organische Versorgung über das nutri-element ist auch im SANGOKAI System eine bessere Spurenmetall-Stabilisierung gewährleistet.

Grüße
Jörg
Gruß,
Jörg
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